Nach den Plänen der Bundesregierung sollen öffentliche Aufträge des Bundes künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die sich an einem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausgewählten Tarifvertrag orientieren. Für den Arbeitgebervertreter der Holz- und Kunststoffe verarbeitenden Industrie ist das ein klarer Bruch mit fundamentalen Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft.
„Mit dem geplanten Tariftreuegesetz greift der Staat tief in die Tarifautonomie ein. Anstelle der Sozialpartner sollen Ministeriumsbeamte entscheiden, welcher Tarifvertrag die Norm bildet. Das ist verfassungsrechtlich höchst fragwürdig und gefährlich für die gesamte Tarifordnung. Wir fordern den Bundesrat auf, zu dem Gesetz kritisch Stellung zu nehmen.“, erklärt HDH-Hauptgeschäftsführer Denny Ohnesorge.
Besonders problematisch ist, dass die vorgesehene Regelung im Vergabeverfahren keine Koexistenz verschiedener Tarifverträge mehr zulässt. In vielen Branchen bestehen unterschiedliche Modelle – von Flächentarifverträgen über Spartentarifverträge bis hin zu Haustarifverträgen einzelner Unternehmen. Laut dem Entwurf soll jedoch nur einen Vertrag zum verbindlichen Maßstab erklärt werden. Damit werden andere, etablierte Vereinbarungen verdrängt.
„Die geplante Regelung verletzt die durch das Grundgesetz garantierte negative Koalitionsfreiheit, weil Unternehmen faktisch gezwungen werden, bestimmte Tarifbedingungen anzuwenden, wenn Sie an Ausschreibungen des Bundes teilnehmen möchten“, so Ohnesorge. „Auch der Gleichheitsgrundsatz wird konterkariert, da Beschäftigte in einem Unternehmen allein aufgrund der Teilnahme an öffentlichen Aufträgen unterschiedlich behandelt werden könnten."
Das Gesetz trifft nicht zuletzt die Unternehmen, die bereits an Tarifverträge gebunden sind. Diese würden paradoxerweise gezwungen, zusätzlich fremde Tarifwerke zu übernehmen, wenn diese per Verordnung für einschlägig erklärt werden. „Die Bundesregierung riskiert damit, die Tarifbindung weiter zu schwächen. Unternehmen, die eigentlich überdurchschnittliche Leistungen bieten, könnten vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, nur weil sie einzelne Detailregelungen nicht erfüllen“, kritisiert Ohnesorge abschließend.