HERFORD. Die deutschen Polstermöbelhersteller haben in den ersten sieben Monaten dieses Jahres Umsatzrückgänge von rund 7 Prozent verzeichnet. Der Gesamtumsatz beträgt rund 540 Millionen Euro – 2024 waren es rund 580 Millionen Euro. Bei der heutigen Jahrespressekonferenz des Verbands der Deutschen Polstermöbelindustrie (VdDP) betonte Vorstandsvorsitzender Leo Lübke: „Wir sehen die Talsohle erreicht und setzen jetzt auf die Herbst- und Wintermonate mit erhöhter Nachfrage für die Hersteller. Die Branche steckt voller Ideen für ein schönes und gemütliches Zuhause – viele davon zeigen wir Ihnen auf den Herbstmessen. Jedoch wird die Entwicklung vieler innovativer Projekte durch bürokratische Hürden ausgebremst.”
Die angespannte Lage lässt sich an den amtlichen Zahlen ablesen. Besonders das Inlandsgeschäft bereitet Verbandsgeschäftsführer Jan Kurth Sorgen: Rund 10 Prozent wurden hier zwischen Januar und Juli weniger umgesetzt als im gleichen Zeitraum 2024. „Die Anschaffungsneigung der Bundesbürger ist nach wie vor gering“, führte er aus. Sowohl die allgemeine wirtschaftliche als auch die geopolitische Lage seien Gründe, dass die Menschen zunehmend verunsichert sind und sich bei größeren Käufen eher zurückhalten - bei gleichzeitig steigender Sparquote.
Auch entstehen immer noch zu wenig neue Wohnungen: „Ein Umzug zieht Möbelkäufe nach sich, das gilt auch für die Polstercouch oder die Sitzgruppe“, betont Kurth. Der von der Bundesregierung angekündigte „Bauturbo“ sei ein guter Ansatz. „Darüber hinaus ist aber eine Bündelung und Aufstockung der Förderprogramme notwendig. Außerdem muss es auch Menschen mit geringem Eigenkapital ermöglicht werden, Wohneigentum zu erwerben.“
Der Außenhandel hat nach guten Ergebnissen im Frühjahr sommerbedingte Einbußen hinnehmen müssen (minus 3,3 Prozent im Juli). Von Januar bis Juli ging der Umsatz außerhalb Deutschlands insgesamt um rund 1,6 Prozent zurück.
Wichtigster europäischer Absatzmarkt ist dabei weiterhin die Schweiz; hier blieben die Umsätze bis Juli annähernd konstant bei rund 104 Millionen Euro (minus 0,3 Prozent). In Österreich wurden dagegen 8 Prozent weniger umgesetzt als im Vorjahr: Die Umsätze sanken von rund 68 Millionen Euro auf rund 63 Millionen Euro. Erfreulich entwickelten sich die Ausfuhren nach Frankreich (plus 6,9 Prozent), Italien (plus 19,3 Prozent) und in das Vereinigte Königreich (plus 4,4 Prozent). In Spanien, das gerade einen Wohnungsbau-Boom erlebt, konnten die Exporte deutscher Polstermöbel sogar um 43,4 Prozentpunkte zulegen.
Die außereuropäischen Absatzmärkte entwickelten sich in den ersten sieben Monaten des Jahres unterschiedlich: während die Umsätze in den USA moderat wuchsen (plus 2,5 Prozent), stiegen die Lieferungen in die Vereinigten Arabischen Emirate sprunghaft um rund 82 Prozent, was bei einem Anteil von knapp einem Prozent an den Gesamtexporten jedoch nur knapp 2 Millionen Euro Umsatz ausmacht.
Weiter zugelegt haben die Importe von Polstermöbeln nach Deutschland (plus 16 Prozent). Rund 42 Prozent davon kamen aus Polen (plus 13,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), 25 Prozent aller importierten Polstermöbel stammten aus China (plus 24,7 Prozent). Weitere wichtige Lieferländer sind Italien, Ungarn und Rumänien.
Die Auftragslage stellt sich nach wie vor verhalten dar. Laut Verbandsstatistik liegt der Auftragseingang bis einschließlich August sowohl wert- als auch stückmäßig um rund 5 Prozent unter den Werten des Vorjahres.
Doch nicht nur eine schwache Umsatzentwicklung, sondern auch die zunehmenden regulatorischen Belastungen setzen die Unternehmen unter Druck. Besonders die Umsetzung der Europäischen Entwaldungsverordnung (EUDR) bis Ende des Jahres bereitet Leo Lübke Sorgen: „Viele Hersteller, besonders die kleineren Unternehmen, haben große Schwierigkeiten, bis zum nahenden Stichtag ‚EUDR-ready‘ zu sein“, berichtet er. „Der Aufwand ist immens. Die Unternehmen müssen für jedes Produkt nachweisen, dass alle enthaltenen Rohstoffe – insbesondere Holz, Leder und Kautschuk – aus entwaldungsfreien Lieferketten stammen, sonst darf es ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr verkauft werden.“ Ausdrücklich begrüßte er daher den am Dienstag von EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall unterbreiteten Vorschlag, die EUDR nochmals bis Ende 2026 zu verschieben. „Wir halten eine inhaltliche Überarbeitung für dringend geboten.“
Die Pflicht zur Erfassung und Weitergabe von Referenznummern, Geodaten und Verifikationsinformationen stellt die Branche vor enorme bürokratische Herausforderungen. Da das Entwaldungsrisiko in Deutschland gleich Null sei, schade die Verordnung den Unternehmen mehr, als der Umwelt zu nutzen: „Die Umsetzung kostet nicht nur viel Geld, sondern vor allem Zeit“, so Lübke. „Zeit, die den Herstellern fehlt, wenn es darum geht, Wege zu finden, wie man nachhaltiger produzieren kann und Ideen für ökologische Innovationen zu entwickeln.“ Hier seien dringend Entschärfungen von Nöten, etwa die Fokussierung auf den Erst-Inverkehrbringer oder die Einführung einer Null-Risiko-Klausel für Holz aus deutschen Wäldern.
Darüber hinaus sorgt auch der Digitale Produktpass, der im Rahmen der EU-Ökodesign-Verordnung (ESPR) eingeführt wird, für Unsicherheit. Zwar ist seine finale Einführung erst für 2030 vorgesehen, doch viele Unternehmen beginnen bereits jetzt mit der Vorbereitung – und fürchten dabei ähnliche Hürden wie bei der EUDR: komplexe Datenanforderungen, hohe Dokumentationspflichten und fehlende personelle sowie digitale Ressourcen.
Gleichzeitig bietet der Digitale Produktpass auch Chancen: für mehr Transparenz gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern, für eine bessere Rückverfolgbarkeit von Materialien und für die Entwicklung kreislauffähiger Produkte. Wie diese Chancen konkret genutzt werden können, zeigt die Branchenveranstaltung der Möbelverbände mit dem Titel „Perspektivwechsel beim digitalen Produktpass“ am 9. Oktober 2025 in Köln. Dort wird unter anderem anhand von Praxisbeispielen erläutert, wie die Umsetzung im Unternehmen gelingen kann.
„Wir wollen zeigen, dass der Digitale Produktpass nicht nur eine regulatorische Pflicht ist, sondern auch ein strategisches Werkzeug für nachhaltige Unternehmensentwicklung sein kann“, erklärt Leo Lübke. Denn Nachhaltigkeit sei für die Hersteller nicht nur ein Trend, sondern ein Anspruch – und nicht zuletzt ein Merkmal, das ein Polstermöbelstück aus deutscher Produktion auszeichne.
Immer häufiger setzen die Hersteller aus diesem Grund auf ökologische Materialien und Herstellungsmöglichkeiten. Nach einer verbandsinternen Umfrage wollen rund 60 Prozent der Unternehmen den CO2-Ausstoß der Produktion deutlich reduzieren oder streben eine CO2-neutrale Produktion an. Die Hersteller legen Wert auf die hohe Qualität und Langlebigkeit ihrer Produkte; zum Ende des Lebenszyklus des Möbelstücks ist aber auch die Recyclingfähigkeit der Bestandteile für rund 30 Prozent der Befragten von Relevanz. Die nachhaltige Denkweise spiegelt sich zunehmend auch in den aktuellen Designtrends wider: Fast 40 Prozent der Befragten geben an, nachhaltige Materialien, etwa Recyclingstoffe, einzusetzen.
„Das Sofa wird immer mehr zum Helden des Wohnzimmers, zum Rückzugsort und stabilen Anker in der unsicherer werdenden Welt“, erklärt Leo Lübke. „Gemütlichkeit steht im Vordergrund, darum dominieren bei den aktuellen Trends auch kuschelige Stoffe wie weiches Bouclé, Chenille, Velours oder Cord.“ Die Verwendung von Leder sei eher rückläufig.
Viele Möbel sind mit Funktionen wie verstellbaren Rücken- und Armlehnen oder -Sitzflächen ausgestattet, so dass die Couch oder der Sessel je nach Nutzung angepasst werden kann. Weil für immer mehr Menschen das Handy oder Tablet den Fernseher oder das Buch ersetzt, verfügen manche Sitzmöbel über USB-Anschlüsse oder induktive Ladestationen.
Auch bei den Formen stehen weiche, organische und natürliche Varianten für 84 Prozent der Umfrageteilnehmer ganz vorn, doch auch klassische, gradlinige Formen spielen eine Rolle. Der Fokus liegt zunehmend auf modularen Ensembles, welche die Kunden flexibel kombinieren und für ihre Bedürfnisse zusammenstellen können.
Die Farbtrends gehen ebenfalls in Richtung Natürlichkeit: Beige, Sand und Grau können sich aufgrund ihrer zeitlosen Optik weiterhin durchsetzen. Grüntöne wie Salbei oder Olive setzen farbige Akzente. Einen warmen, einladenden Look verleihen erdige Töne wie Braun, Terrakotta oder Rost.
„Der Herbst lädt traditionell dazu ein, es sich zu Hause schön zu machen und sich neu einrichten“, meint Jan Kurth abschließend. „Wir rechnen auch in diesem Jahr mit einer saisonalen Belebung in den kommenden Monaten. Demnach schätzen wir, dass sich der Umsatz im Gesamtjahr 2025 bei einem Minus von etwa 5 Prozent und damit leicht oberhalb des aktuellen Niveaus einpendeln wird.“
Bild: VdDP-Vorstandvorsitzender Leo Lübke (links) und Verbandsgeschäftsführer Jan Kurth berichten über die Lage der deutschen Polstermöbelindustrie. Foto: VDM/VHK