Im neuen Jahr drohen neue Bürokratie-Brocken aus Brüssel. Dort haben sich die Vertreter von Europaparlament und EU-Mitgliedstaaten auf Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz verständigt, das an Abnehmer von Ware, u.a. aus der Holzindustrie, hohe Nachweispflichten an Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsschutz stellt. Die Anforderungen an hiesige Unternehmen gehen deutlich über das ohnehin schon schwer umsetzbare deutsche Lieferkettengesetz hinaus. Der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) kritisiert die EU-Einigung als realitätsfern und als Bedrohung für die Wettbewerbskraft hiesiger Unternehmen.
Die meist mittelständisch geprägten Unternehmen der deutschen Holzindustrie mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz als ihrem Ausgangsmaterial sind den Prinzipien der Nachhaltigkeit verpflichtet, in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht. Ein Großteil ihrer Ware stammt ohnehin aus Deutschland. Die Unternehmen der Holzindustrie nehmen auch Verantwortung im Handel wahr. Das darf aber nicht heißen, dass sie per EU-Verordnung einen Blankoscheck für mögliche Verstöße gegen Umweltschutz- oder Arbeitsnormen unterschreiben. Der Staat darf sich seinerseits nicht aus der Verantwortung stehlen. Genau darauf aber würde die auf EU-Ebene nun getroffene Vereinbarung in der Praxis hinauslaufen.
Denn Unternehmen könnten nach den geplanten Regeln für ihre gesamte vorgelagerte Lieferkette, die sogenannte Geschäftskette, herangezogen werden, also auch für Geschäftspartner des Unternehmens und teilweise auch für nachgelagerte Tätigkeiten wie Vertrieb oder Recycling. „Deutschland und die EU dürfen das neue Jahr nicht mit neuen meterhohen Bürokratielasten für den Mittelstand beginnen. Genau das aber würde das EU-Lieferkettengesetz bedeuten“, kritisiert HDH-Präsident Johannes Schwörer und erläutert: „Die geplante weitere Ausweitung des Geltungsbereichs und auch des Haftungsrahmens in den EU-Plänen ist für Mittelständler im Grunde nicht zu handhaben und stellt unsere Unternehmen vor unüberschaubare Risiken im Handel.“
Denn mit der Umsetzung der EU-Trilog-Übereinkunft würden Sorgfaltspflichten ganz neu definiert und sich dann bei Umsetzung auch auf Vorgänge erstrecken, die außerhalb des Wirkungsbereichs deutscher Unternehmen liegen. „Hier kämen Haftungsregelungen auf uns zu, die die Betriebe gar nicht mehr selbst kontrollieren können. Es würde eine Rechtsunsicherheit geschaffen, die Gift für die Marktposition unserer Unternehmen wäre“, warnt HDH-Präsident Schwörer.
Der HDH fordert deshalb, das Haftungsrisiko für Auftraggeber zu beschränken, wenn diese eine angemessene Risikobewertung vorgenommen haben. „Wir brauchen Rechtssicherheit im Handel“, mahnt HDH-Präsident Schwörer und verlangt: „Europaparlament und Ministerrat sollten dem faulen Kompromiss, die ihre Verhandler im Trilog mit der EU-Kommission gemacht haben, nicht zustimmen.“
Schon die deutsche Lieferkettengesetzgebung enthält aus Sicht des HDH teils praxisferne Regelungen. Deren Umsetzung geht durch steigende Dokumentationspflichten mit erhöhten bürokratischen Lasten für die Unternehmen einher. Praxisfern sind die Regeln aber auch für Behörden, wenn denen die nötige Personalstärke zur Kontrolle und Durchsetzung von Regeln fehlt. „Erhöhte Dokumentationspflichten dürfen nicht zum Papiertiger werden. Der Ehrliche darf nicht schon wieder der Dumme sein“, sagt Schwörer mit Blick auf die zusätzlich drohende Bürokratie, für hiesige Unternehmen, von denen Konkurrenten in anderen Ländern nicht betroffen sind.