Bad Honnef. „Ohne Holz wird das nichts mit Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft“, resümiert Marcus Kirschner, Geschäftsführer Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE) das am vergangenen Dienstag getroffene Votum des Umweltausschusses (ENVI) des Europaparlaments zur geplanten EU-Verpackungsverordnung (PPWR). Zu den Auswirkungen führt er aus: „Neue medizinische Geräte für das Krankenhaus, Maschinen und Ersatzteile für die Industrieproduktion – sie alle werden gut geschützt in stabilen Kisten aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz zu ihrem Ziel gebracht. Lebensmittel im Supermarkt, Konsumgüter im Elektronikshop, Ersatzteile für die Autowerkstatt – all diese Produkte gelangen in der Regel auf Paletten aus Holz in den Handel. Paletten und Co. halten also die Versorgung mit dem Nötigsten und mit den gewissen Extras am Laufen. Damit ist zum 1. Januar 2030 Schluss, sofern das sich im abschließenden Gesetzestext wiederfindet“, warnt Kirschner und fordert dringend Nachbesserungen.
Konkret geht es dem Verband um den Verordnungsvorschlag zu Verpackungen und Verpackungsabfällen (PPWR). „Damit wäre der Anfang vom Ende der heutigen Warenwirtschaft und Logistik eingeläutet. Wenn die Ideen zu „High Quality Recycling“, dem damit verbundenen „closed-loop“-Ansatz und dem neuen Begriff der „Recyclingfähigkeit“ mit den verknüpften „Recycling-Stufen“ am Ende des Gesetzgebungsprozesses eine Mehrheit finden, wird dies massive Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung, der Warenwirtschafts- und Logistikketten und der kritischen Infrastrukturen haben“, fasst der HPE-Geschäftsführer die ernsten Bedenken der Branche zusammen.
Grundidee gut – aber nicht alles in einen Topf werfen
Der „Green Deal” der Europäischen Kommission, der auch Treiber der EU-Verpackungsverordnung ist, soll eine Stärkung von Bioökonomie, Kreislaufwirtschaft und nachhaltigem Wirtschaften bringen. Daher ist es das erklärte Ziel der PPWR, die Verpackungsabfälle bis 2040 schrittweise aber deutlich zu reduzieren. Daher fokussiert der Verordnungsentwurf der EU-Kommission auf Kunststoffe und den privaten Endverbrauchermarkt (B2C), betont aber zugleich die Gültigkeit für alle Verpackungen. „Die prinzipiellen Ziele der PPWR sind unstreitig und gut. Allerdings kann man Kunststoffe und B2C nicht einfach so in einen Topf mit dem nachwachsenden und klimafreundlichen Rohstoff Holz und den Geschäftskundenbereich (B2B) in einen Topf werfen,“ differenziert Kirschner und kritisiert den „one-size-fits-all“-Ansatz des Gesetzesvorhabens. Dieser „Einheitsansatz" werde den einzigartigen Eigenschaften und Beiträgen von Holzverpackungen und -paletten zur Kreislaufwirtschaft nicht gerecht.
Mit Holz kann noch so viel gemacht werden am Ende des Produktlebenszyklus
Mit „High Quality Recyling” soll ein Idealfall, in dem ein Produkt konstant als gleichwertiges Produkt im Kreislauf geführt wird, beschrieben und zum Regelfall gemacht werden. Das durch Recycling entstandene Produkt soll das gleiche sein und die gleichen Eigenschaften haben wie das Ursprungsprodukt. Dieser „closed loop“-Ansatz wäre also ein in sich geschlossener Prozess. Ein anderes Produkt daraus herzustellen, würde den Anforderungen nicht entsprechen, wäre kein „High Quality Recycling“. Eine Palette oder ein anderes Holzverpackungsmaterial kann durch Recycling nicht wieder zu einer Palette werden, wohl aber zu anderen wertvollen Erzeugnissen. Am bekanntesten sind Spanplatten, die zur Dekarbonisierung des Bausektors beitragen oder für die Herstellung von Möbeln verwendet werden. Aus Recyclingholz hergestellte Palettenklötze werden zu Bauteilen in Paletten. Das kann mehrfach geschehen und bindet CO2 über Jahrzehnte. Dieses Recyclingkonzept entspricht der derzeitigen Europäischen Abfallrahmenrichtlinie, ist völlig ausreichend und hat auch seine Praktikabilität bewiesen. „Holzpackmittel sind mobile Kohlenstoffspeicher“, fasst Kirschner die Umwelteigenschaften des nachwachsenden Rohstoffs zusammen. Das alles wird im aktuellen PWPR-Entwurf gar nicht berücksichtigt.
Versorgung, Wirtschaft und Logistik werden zusammenbrechen
„Davon jetzt unnötigerweise abzuweichen, zugunsten eines neuen Kunstbegriffes, ist nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern hätte gravierende Folgen, über die man sich vor lauter Plastikeifer in Brüssel keinerlei Gedanken gemacht hat“, fasst HPE-Geschäftsführer Marcus Kirschner seine Kritik zusammen und warnt: „Wenn das „High Quality Recycling“ beibehalten wird, können Industrie, Logistik, kritische Infrastrukturen und Warenwirtschaft nicht mehr mit Paletten und Holzverpackungen versorgt werden. Keine Pizza, keine Babynahrung, keine Medikamente, keine Maschinen und keine Ersatzteile. Das bedeutet, dass die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft sowie der gesamte Handel und die Logistik zusammenbrechen werden.
Kaffeepads sind keine Maschinen – Sicherheit hat Vorrang
„Vor lauter Kaffeepads, Take-Away-Verpackungen, Miniaturshampooflaschen in Hotels – also dem, was Vielreisende in der Regel direkt mitbekommen, wurde ein Grundbaustein der Wirtschaft offensichtlich völlig vergessen: Paletten und Kisten aus Holz, auf und in denen alle Güter transportiert werden“, postuliert Kirschner. Denn hier zeige sich aus seiner Sicht ein weiteres gravierendes Manko der geplanten Verordnung. Riesenverpackungen für kleine Parfumflacons oder zig Mal größere Schachteln für USB-Sticks – da könne eine Begrenzung des Leerraums in einer Verpackung auf maximal 40 Prozent durchaus Sinn machen. „Aber im B2B-Bereich, zum Beispiel bei der Verpackung von Maschinen mit Flanschen, unterschiedlichen Geometrien und Winkeln, nicht zentrischen Schwerpunkten, vor allem aber hohen Gewichten bis zu 400 t, zählen vor allem Sicherheit, Schutz und Transportierbarkeit: Sicherheit aller, die mit Maschinen und Verpackung umgehen, beim Bau der Holzkiste und auch beim Umgang mit voller Beladung; Schutz des Inhalts, denn keiner akzeptiert beschädigte oder gar verrostete Anlagen; Transportierbarkeit: Ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft: effiziente Nutzung des Laderaums und Stapelbarkeit bringen Ressourceneffzienz und vermindern den Einsatz von Verpackungsmaterial als auch von Treibstoff. Zudem werden zusätzliche Transporte gespart“, erklärt Kirschner und fordert dringend Nachbesserungen.
Ausnahme für Holzpackmittel alternativlos
Zu beachten ist dabei im Übrigen, dass viele Holzverpackungen für die Industrie, aber auch Paletten, auf speziellen Wunsch der jeweiligen Kunden entworfen werden, seien es stabile Untersätze für Motoren oder schützende Umhüllungen für kostbare Triebwerke. „Die Stärke der deutschen Industrie, Losgröße 1, setzt sich logischerweise auch bei Verpackungen fort. Holzverpackungen unterscheiden sich also wesentlich von vielen anderen. Sie sind einfach für den B2B-Bereich konzipiert und nicht für B2C. Es wäre daher angebracht, entsprechende Ausnahmen zuzulassen”, mahnt Kirschner und ist zuversichtlich, denn für Obst- und Gemüsekisten aus Holz, sogenanntes Light Weight Packaging hat sich bereits ein entsprechendes Verständnis entwickelt.
“Das Europaparlament muss bei seiner Abstimmung im Plenum die Besonderheiten beim B2B-Transport angemessen berücksichtigen. Sonst könnten die Abgeordneten vielen Branchen in ihren Ländern schweren Schaden zufügen. Dazu darf es nicht kommen, noch ist Zeit für Nachbesserungen”, mahnt Kirschner abschließend.