Bad Honnef, 14. Juli 2021. Die Europäische Kommission legt heute ein Paket mit Energie- und Klimagesetzen vor, mit denen die Klimaziele 2030 (- 55 % Emissionen) und 2050 (netto Null) erreicht werden sollen. 13 Gesetzesvorschläge sind im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets geplant. Insbesondere die modifizierte Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) und die EU-Forststrategie könnten nach Ansicht des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie (HDH) das Gegenteil einer verstärkten Kohlenstoffbindung bewirken, wie HDH-Präsident Johannes Schwörer betont.
„Ausdrücklich begrüßen wir die Anerkennung der forstwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten als zentrale Transformationsinstrumente, um eine nachhaltige und klimaneutrale Wirtschaft zu erreichen“, so Schwörer. „Aber: Kritisch sehen wir die EU-Forststrategie, da diese mit Bezug zur Biodiversitätsstrategie neue Nutzungsbeschränkungen von den Mitgliedsstaaten verlangt: Bis zu 30 % der Landesfläche sollen unter strengen Schutz gestellt werden, 10 % gar nicht mehr bewirtschaftet werden.“ Da private Eigentümer in Land- und Forstwirtschaft in der Regel für einen Nutzungsentgang entschädigt werden müssten, drohe insbesondere die Beschränkung der Holznutzung im öffentlichen Wald.
In Konsequenz müsse mit weitreichenden Nutzungsverboten gerechnet werden, was den selbstgesteckten Einsparziele der EU zuwiderlaufe. „Nicht bewirtschaftete Wälder können gerade im zunehmenden Klimawandel verstärkt Kohlendioxid freisetzen. Eine aktive Bewirtschaftung der Wälder sorgt hingegen für den Aufbau klimaresilienter Wälder und dafür, dass der Kohlenstoff im Wald oder in den Holzprodukten gebunden werden könnte. Wir fordern die EU-Kommission und das EU-Parlament deshalb dringend auf, eine aktive und nachhaltige Waldbewirtschaftung konsequent zu fördern und auf neue Nutzungsverbote zu verzichten! Die Klimaziele sind mit großflächig unbewirtschafteten Wäldern schlicht nicht zu erreichen.“
Auch die angekündigte Ausdehnung der Biomassenutzung zur Energieerzeugung müsse aus Sicht des HDH sehr differenziert vollzogen werden. „Die Erzeugung von erneuerbarer Wärme und Strom in den effizienten Biomassekraftanlagen der verarbeitenden Industrie leistet einen elementaren Beitrag zum Klimaschutz“, betont der HDH-Präsident. „Eine Ausdehnung der Biomassenutzung auf umgerüstete Kohlekraftwerke, wie es derzeit in Deutschland vermehrt diskutiert wird, ist hinsichtlich des zusätzlichen Biomassebedarfs und der sehr viel schlechteren Wirkungsgrade kritisch zu sehen.“
Das HDH-Positionspapier zum EU-Klimapaket und die Pressemitteilung finden Sie als PDF-Datei links unter dem Menüpunkt Downloads.
Hintergrund: Die Europäische Kommission wird am 14. Juli ein Paket mit Energie- und Klimagesetzen vorlegen, das darauf abzielt, die EU-Klimaziele von minus 55 Prozent Emissionen bis 2030 und netto Null bis 2050 zu erreichen. Neben der Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems (ETS) sind insgesamt 13 Gesetzesinitiativen angekündigt, wie die CO2-Grenzabgabe, mit der die europäische Industrie vor unfairem Wettbewerb geschützt werden soll oder die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, in der der Bioenergie eine größere Bedeutung beigemessen wird. Einige der angekündigten Gesetze sind neu, mit anderen werden bereits bestehende Gesetze überarbeitet.
Zwei Vorschläge sind besonders kritisch im Hinblick auf die künftige Holzrohstoffversorgung: Die EU-Forststrategie und die modifizierte Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (kurz LULUCF):
EU-Forststrategie: War die Forstpolitik bisher immer Sache der Mitgliedstaaten, greift die EU-Kommission mit der neuen EU-Forststrategie derart stark in die Souveränität der Mitgliedstaaten ein, dass Forstminister mehrerer EU-Länder – darunter Deutschland – sich in einem Schreiben an die EU-Kommission besorgt darüber zeigen, dass die Forststrategie das Subsidiaritätsprinzip verletze. Kritisch ist der neue Entwurf aus Sicht der Forst- und Holzwirtschaft deshalb, weil er mit Bezug zur Biodiversitätsstrategie neue Nutzungsbeschränkungen von den Mitgliedsstaaten fordert: Bis zu 30 Prozent der Landesfläche sollen unter einem strengen Schutz gestellt werden, 10 Prozent gar nicht mehr bewirtschaftet werden. Da private Eigentümer in Land- und Forstwirtschaft in der Regel für einen Nutzungsentgang entschädigt werden müssten, droht aus Sicht des HDH insbesondere die Beschränkung der Holznutzung im öffentlichen Wald. Dieser zählt jedoch zu den zuverlässigsten und wichtigsten Rohholzlieferanten.
LULUCF-Verordnung: Die 2018 verabschiedete LULUCF-Verordnung schreibt jedem EU-Land verbindlich vor, sicherzustellen, dass die Emissionen aus diesen Sektoren durch entsprechende CO2-Senken kompensiert werden („No Debit“-Regel). Im Vergleich zu dem derzeitigen Ziel von 225 Millionen steht in dem Entwurf der LULUCF-Verordnung, dass die Kommission ein Ziel von 310 Millionen Tonnen CO2-Bindung bis 2030 anstrebt. Diese Steigerung erhöht den Druck auf die Mitgliedstaaten erheblich. Während die europäischen Umweltverbände eine Einsparung von bis zu 600 Millionen Tonnen für möglich halten, ist zu befürchten, dass diese Einsparung nicht ohne größere Nutzungsverbote im Wald zu realisieren sind.
Pressekontakt:
Florian Snigula
Hauptverband der Deutschen Holzindustrie und Kunststoffe verarbeitenden Industrie e.V.
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