Hamburg/Bad Honnef. Rund 270 Spitzenvertreter der Fertighausindustrie nahmen am diesjährigen „Forum Intelligentes Bauen“ in der Hamburger Elbphilharmonie teil. Zum 21. Mal hatte der Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) Haushersteller, Zulieferunternehmen & Co. zum wichtigsten Branchentreffen des Jahres eingeladen. Vier prominente Gastredner gaben ihnen Einblicke in verschiedene Themen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Umwelt.
BDF-Präsident Johannes Schwörer begrüßte die Anwesenden und schilderte die positive Wirtschaftslage der Fertighausindustrie: Mit einem deutschlandweiten Marktanteil von 19,6 Prozent befinde sich die Branche auf einem Rekordhoch.
Zuversicht verbreitete im Anschluss auch der rhetorisch exzellente CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. „In den vergangenen 27 Jahren haben wir eine gewaltige Gemeinschaftsleistung vollbracht“, stellte der Politiker mit Blick auf die deutsche Einheit fest. Ab und zu dürfe man auch schon mal auf sein eigenes Land stolz sein, so Bosbach. Der Innenexperte blickte aber auch auf andere Nationen und nannte etwa den EU-Austritt Großbritanniens einen „Rückschlag für den europäischen Einigungsgedanken“. Auch innenpolitisch konstatierte er, dass die Welt spürbar in Bewegung sei. „Die klassische Innenpolitik gibt es nicht mehr. Grenzen verlieren immer mehr an Bedeutung.“ Umso weniger dürfe man das hohe Maß an gesellschaftlicher und politischer Stabilität in Deutschland heute als selbstverständlich ansehen. „Ich habe die Hoffnung, dass diese Stabilität trotz politischer Unterschiede der Parteien auch unter der neuen Bundesregierung erhalten bleibt.“
Als zweiter Redner betrat Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer das Rednerpult. „Wenn es Ihrer Branche gelingt, trotz Rückgangs bei den Baugenehmigungen insgesamt, ein deutliches Plus zu erzielen, dann müssen Sie vieles richtig machen“, stellte er mit Blick auf die positive wirtschaftliche Lage der Fertighausindustrie fest. Zugleich mahnte er übergreifend: „Die kritischste Situation ist die, in der es uns wirtschaftlich richtig gut geht. Das trifft auch auf die Volkswirtschaft zu.“ Als große Herausforderungen der Politik in Deutschland über die aktuelle Legislaturperiode hinaus nannte er vor allem den demografischen Wandel und die Digitalisierung. „Die demografische Entwicklung ist der Schlüsselfaktor, ob es uns in einigen Jahren noch so gut geht wie heute.“ Man müsse den Standard halten, denn wer einmal den Anschluss verliere, für den werde es schwer, dorthin zurückzukehren. Bei der Digitalisierung sieht er Deutschland noch nicht auf dem Standard, auf dem es sein müsste. Hier sei etwa eine kleine Nation wie Estland schon viel weiter.
Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler beschrieb die Rolle Europas sowie die Bedrohung Deutschlands mit Blick auf Krisenherde und Kriege. Während er die Wahrscheinlichkeit eines Kriegsausbruchs im Nordkorea-Konflikt mit den USA als eher gering einordnete, sei die Lage im vorderen Orient ungewisser, weil „unordentlicher“. Durch Flüchtlingsströme, rückkehrende Dschihadisten und Terroristen sei Deutschland hiervon schon unmittelbar betroffen. „Die Peripherie des europäischen Raumes nimmt direkten Einfluss auf die Europäische Union“, so Münkler. Statt der Wirtschafts- und Währungspolitik hätte man vor 20 bis 25 Jahren besser die Sicherheits- und Außenpolitik in den Fokus genommen. Nun müsse die EU beweisen, dass sie es besser könne. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als im vorderen Orient pazifizierend wirksam zu werden.“ Dies sei eine gemeinsame Aufgabe, in der Russland nicht als Gegenspieler angesehen werden dürfe. „Die EU muss sich entscheiden. Was ist das Hauptproblem: Die Ostukraine-Krise oder der Zerfall des vorderen Orients?“
Für einen kurzweiligen Abschluss sorgte ARD-Wetterexperte Sven Plöger mit seinem Vortrag zum Klimawandel. „Klima ist Statistik. Wir können nicht mit unseren Sinnen wahrnehmen, wie sich Klima verändert. Was wir wahrnehmen ist das Wetter“, erklärte der Diplom-Meterologe. „Die Natur hat das Klima immer schon verändert. Wir Menschen tragen dazu bei, dass sich die Geschwindigkeiten bei den Klimaveränderungen beschleunigen“, so Plöger. In den vergangenen 100 Jahren sei es um 0,8 Grad Celsius wärmer geworden. Für die nächsten 100 Jahre rechne man mit einem Anstieg zwischen zwei und vier Grad. „Wir müssen mit Sachverstand an diese Thematik herangehen. Die Energiewende ist nur dann sinnvoll, wenn man sie sinnvoll gestaltet.“ Hier nahm der Klimaexperte Politik und Öffentlichkeit in die Pflicht, die richtigen Dinge anzustoßen und umzusetzen, statt zu stark zu emotionalisieren.
„Es zeichnet das Forum Intelligentes Bauen aus, dass wir hier über den Tellerrand hinausschauen und uns Themen und Problemen widmen, die wir nicht immer lösen können, aber mit denen wir uns befassen müssen“, fasste BDF-Präsident Johannes Schwörer zusammen. Das nächste Forum Intelligentes Bauen findet am 12. Oktober 2018 in Aachen statt. BDF/FT
Bild 1: (v.l.n.r.) Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer, BDF-Präsident Johannes Schwörer, CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach.
Bild 2: Johannes Schwörer präsentierte die Wirtschaftslage der Branche.
Bild 3: „Ab und zu darf man auch schon mal auf sein eigenes Land stolz sein.“
Bild 4: „Die demografische Entwicklung ist der Schlüsselfaktor, ob es uns in einigen Jahren noch so gut geht wie heute.“
Bild 5: „Die Peripherie des europäischen Raumes nimmt direkten Einfluss auf die Europäische Union.“
Bild 6: „Wir Menschen tragen dazu bei, dass sich die Geschwindigkeiten bei den Klimaveränderungen beschleunigen.“
Alle Fotos: BDF
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